Thomas Lojek im Gespräch mit Schaupieler Steffen Groth (Doctor’s Diary, Tatort, Traumschiff, Weissensee) – Treue, Werte, Rollenbilder – Teil 1
Steffen Groth (c) by Marco Armborst
Steffen Groth ist ein bekanntes Gesicht in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft. Zu seinem Repertoire gehören deutsche Primetime-Produktionen wie „Tatort“ und „Traumschiff“, populäre Serien wie „Doctor’s Diary“ und zeitgeschichtliche Familiendramen wie die Serie „Weißensee“. Er ist 38 Jahre alt und lebt in Berlin.
In diesem Gespräch unterhält sich Thomas Lojek mit Steffen Groth über männliches Rollenverständnis in der modernen Welt, über Werte, die Unterschiedlichkeiten zwischen Mann und Frau in langfristigen Beziehungen und die Bedeutung von Vorbildern.
Schauspieler und Liebesbeziehungen – Treue und emotionale Schwerstarbeit
Thomas Lojek: Es vergeht im Moment praktisch keine Woche, in der nicht irgendein Hollywood-Star seine Scheidung bekannt gibt, beim Seitensprung ertappt wird oder auf Twitter das kommende Ende seiner Beziehung andeutet. Ich würde dazu gerne mal eine ganz ehrliche Einschätzung von dir hören: Ist das ein berufsspezifisches Phänomen? Gibt es Zusammenhänge, die Ehen und Beziehungen für Schauspieler schwieriger oder sogar unmöglich machen? Oder haben Schauspieler einfach mehr Öffentlichkeit? Ich frage mal provokativ: Sind Schauspieler nach ihrer Berufswahl verdammt dazu öfter und schneller in ihren Liebesbeziehungen zu scheitern? Oder scheitern sie nur etwas öffentlicher?
Steffen Groth: Berufsspezifisch? Hmm… Es gibt natürlich einige Faktoren, die begünstigen, dass ein Schauspieler – vielleicht leichter als Leute in anderen Berufen – den Beziehungspartner wechselt. Zumindest ist das insofern möglicher, als dass er, sofern er viel arbeitet, immer wechselnde Teams hat und somit viele unterschiedliche Kollegen. Man lernt also schon pro Produktion eine große Zahl Männlein und Weiblein kennen – alles potentielle Beziehungspartner… der Eine mehr, der Andere weniger.
Dann ist so ein Dreh oft auch ein Abenteuer, das man gemeinsam erlebt. Auch das schafft eine besondere Situation. Und da ist dann die mögliche Verführung natürlich größer als wenn ich in meinem Arbeitsumfeld die immer gleichen Kollegen habe. Zudem kommt auch noch das emotionale und das körperliche Element hinzu. Wir sind ja emotionale Arbeiter. Das heißt wir sind in der Arbeit bestrebt, den größtmöglichen emotionalen Kontakt zu unserem jeweiligen Schauspielpartner aufzunehmen – und wenn es da dann auch noch körperlich wird – ich spreche von Liebes- oder Sexszenen – dann ist der Schritt, sich auch im Privaten anzunähern, besonders wenn das im Spiel schon Spaß gemacht hat, für viele Kollegen nicht mehr so weit. Ob sie öfter scheitern weiß ich trotzdem nicht.
Über Treue, Beständigkeit und tatsächliche Substanz in Begegnungen
Ich habe letztens einen Bericht über eine Schule in Berlin Mitte gelesen, aus dem hervorging, dass zwei Drittel der Eltern dieser Schüler geschieden waren – wir leben in merkwürdigen Zeiten. Schon alleine das Internet schafft ja für jeden die Möglichkeit, sich ständig mit neuen Partnern einzudecken. Aber, okay, ich glaube ich lege mich doch fest: Ich finde, wir haben es schon ein bisschen schwieriger mit der Treue und Beständigkeit – die ich für mich als absolut erstrebenswert und wertvoll erachte. Zumindest in dem Rahmen, in dem ich diese Begriffe für mich definiere.
Dass dann ein dauerndes Trennen und Neu-Finden stattfindet, macht auch Sinn, weil die Kollegen ja meist nur einem spontanen emotionalen Impuls folgen und sich vermutlich selten fragen, was für eine tatsächliche Substanz in der Begegnung mit der neuen Person steckt – abgesehen davon, dass sie neu und flirty und damit aufregend ist. Aber wie lange hält so ein Gefühl? Im Zweifel – wenn man Glück hat – vielleicht acht oder neun Monate… Und vor allem bezieht sich das Gefühl ja meist nur auf einen selbst und weniger auf die andere Person. Das wäre jetzt so mein küchenpsychologischer Erklärungsversuch. Hab ich dir schon gesagt, dass ich zertifizierter Küchenpsychologe bin?
Eine Beziehung beweist sich vor allem, wenn es mal nicht so rund läuft
Thomas Lojek: Küchenpsychologie könnte vielleicht sogar die entscheidende Antwort auf die Frage nach stabilen und dauerhaften Beziehungen sein. Immerhin gilt seit Generationen das klassische Sprichwort: „Liebe geht durch den Magen!“ als zuverlässig und erwiesen. Aber einmal abgesehen von dem Scherz und traditionellen Klischees – vielleicht liegt ja genau darin der Kern der Schwierigkeiten, denen menschliche Verbindungen heute ausgesetzt sind: Weniger Alltagsfähigkeit und mehr Lust auf Traum, weniger Sinn für Verpflichtung dafür mehr Möglichkeiten an Zerstreuung und persönlichen Kicks.
Früher musste man sich als Paar vielleicht doch mehr zusammenreißen, arrangieren und mit bodenständigen Einsichten über den Alltag retten, dass ein gutes gemeinsames Essen verbinden kann – einfach weil die Möglichkeiten und Zwänge dieser Zeiten ganz anders waren. Heute ist man beruflich viel unterwegs, man zappt sich dann von Starbucks aus durch die Facebook App und der nächste Flirt ist eigentlich nur einen Klick weit entfernt oder sitzt am Nebentisch. Kann es sein, dass wir den Segen der Vielfalt in vielen Momenten auch mit einer gewissen Leere bezahlen müssen? Fehlt es zu oft an der verbindenden Banalität eines gemeinsamen Küchentisches?
Steffen Groth: Ich empfinde den Küchentisch überhaupt nicht als etwas Banales. Ich liebe es zu kochen und das am liebsten gemeinsam. Und ich glaube, dass du Recht hast: die Möglichkeiten sind so vielfältig, dass es oft gar nicht mehr nötig erscheint, sich mit jemandem viel weiter als über einen Flirt oder – sollte es zu einer Beziehung kommen – weit über die Phase anfänglicher Verliebtheit hinaus auseinanderzusetzen. Schließlich kann ich mir den nächsten Romantik-, Sex- oder Flirt-Kick vermeintlich gleich wieder woanders holen. Aber ich glaube, dass sich eine Beziehung eben genau in dem Moment beweist, wenn es eben auch mal nicht rund läuft. Nicht umsonst heißt es “in guten wie in schlechten Zeiten”.
Ich glaube allerdings nicht, dass wir aufgrund von zu großer Vielfalt mit einer Leere bezahlen müssen. Dass ist meiner Meinung nach viel mehr dem gesamtgesellschaftlichen Mangel an tatsächlichen Inhalten jenseits des Konsums geschuldet und dem Mangel an Menschen oder vielleicht Vorbildern, die einen dahin führen, sich die generelle Sinnfrage zu stellen.
Fortsetzung: Weiter zu Teil 2
Informationen zu Steffen Groth: Schauspieler Steffen Groth (Profil und Filmografie)
Homepage von Thomas Lojek: http://www.thomaslojek.de
The post Interview: Thomas Lojek und Steffen Groth – Treue, Werte, Rollenbilder (1) appeared first on Thomas Lojek - Der offizielle Blog.